Alle reden von Stress – alle haben Stress. Von Kindesbeinen an kennen wir das Gefühl, unter Druck zu geraten, Hektik zu empfinden oder in Prüfungen aufgeregt zu sein. Doch was ist das eigentlich, was da mit uns passiert? Gibt es „guten“ und „schlechten“ Stress? Wann bedroht er unsere Gesundheit? Dr. Mutschler vom BioMedical Center räumt auf mit ein paar falschen Vorstellungen und gibt Tipps für ein gesünderes Stress-Verhalten.

Stress ist ein großes Thema – besonders im BioMedical Center (BMC), denn wir haben uns unter anderem darauf spezialisiert, Menschen mit Dauerstress und dessen Folgen, wie z. B. Burnout, beizustehen und zu helfen, aus ihrem körperlichen und seelischen „Tief“ durch zu viel Stress wieder herauszukommen. Dafür brauchen wir viel Wissen über die Wirkung von Stress im Körper, denn nur wenn man die tatsächlichen Ursachen eines Problems gut kennt, kann man regulierend in das Körpergeschehen eingreifen, so wie wir es im BMC tun.

Stressauslöser gibt es viele

Wer sich z. B. im Straßenverkehr über andere Autofahrer aufregt, beim Spazierengehen Angst vor Hunden hat, einen spannenden Film schaut oder sich um sein Kind Sorgen macht, das zu spät nach Hause kommt, gerät kurzzeitig in Stress. Wer dabei aufmerksam in seinen Körper hineinhorcht, bemerkt vielleicht einige Veränderungen: Das Herz schlägt schneller und man atmet auch schneller, man beginnt zu schwitzen, evtl. wird der Kopf sogar rot dabei. Dauert die unangenehme Stress-Situation länger, dann wird man vielleicht sogar fahrig, Finger und Hände beginnen zu zittern, die Knie werden weich. Kommt es zu Dauerstress wie z. B. in einer belastenden Familiensituation, bei chronischen Erkrankungen oder bei Menschen, die einfach nicht „abschalten“ können, wird der Stress chronisch und auch seine Auswirkungen ändern sich: Blutdruck, Blutzucker und Blutfette steigen langfristig an, Infekte sind häufiger, Darmprobleme stellen sich ein, der Nachtschlaf wird schlechter und erzeugt noch mehr Stress, da nicht erholsamer Schlaf die Toleranz für Belastungen aller Art weiter senkt. Langfristig wirkt der Stress auch auf das Hormonsystem, fördert Übergewicht und steigert die Gefahr für Diabetes (Zuckerkrankheit).

Die Stresshormone sind’s!

All dies sind Reaktionen auf die in belastenden Situationen freigesetzten Stresshormone. Dabei gibt es schnellwirkende Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin, die innerhalb von Sekunden z. B. das hämmernde Herz ausmachen und den Blutzucker steigen lassen. Diese Wirkungen waren hilfreich, als wir in grauer Vorzeit bei Stress noch kämpfen und flüchten mussten (Der Bär will mich fressen? Draufhauen und nichts wie weg!) Heute kann man sich aus Stress-Situationen nur selten auf diese Art befreien. Unser Körper verhält sich aber weiterhin so wie in jener alten Zeit – und muss mit den freigesetzten Hormonmengen, die dann Schaden anrichten können, anders fertigwerden. Hier kann das BMC konkrete Hilfen anbieten, damit Ihr Körper die Hormone besser abbauen kann.

Cortisol ist hingegen ein langsam wirkendes Stresshormon. Es beeinflusst den Stoffwechsel nachhaltiger und ist für viele der genannten langfristigen Stressfolgen verantwortlich. Doch es ist auch positiv: Es unterdrückt Entzündungen, lässt uns schneller denken und besser lernen. Doch dadurch wird der Stress nicht positiv.

Eustress und Distress?

Sie haben ein Date mit Ihrer/m Angebeteten, aber die/der weiß noch nichts von diesem Glück? Stress pur! Später die große Hochzeitsfeier des verliebten Paares? Na klar, auch Stress. Doch diese Art von Stress macht Sie glücklich und schadet Ihnen nicht (Eustress). Auch eine Arbeit, die Sie zwar stark fordert und dadurch Stress erzeugt, Sie aber mit Zufriedenheit und Glücksgefühlen erfüllt, hat langfristig positive Auswirkungen auf Ihre Gesundheit.
Anders ist es, wenn Sie einen Korb kriegen, den falschen Menschen im Kreise einer ungeliebten Verwandtschaft heiraten und in Ihrem Alltag der Frust vorherrscht (Disstress). Hier lauert der Stress mit negativen Folgen für Ihre Gesundheit.

Was tun bei Stress?

Stress gehört zum Leben dazu. Heutzutage ist der Alltag vieler Menschen voll davon. Leider ist es häufig Disstress. Doch man kann immer etwas dagegen tun:

  1. Fragen Sie sich in oder nach Stress immer:
  • ob und wie die konkrete Situation vermeidbar gewesen wäre,
  • und wann Sie anders und besser hätten reagieren können.

Probieren Sie in der nächsten entsprechenden Situation ein anderes Verhalten aus: Bleiben Sie gelassen, atmen Sie bewusst ruhig (möglichst in den Bauch), vermeiden Sie jede Eskalation. Bleiben Sie dran und lernen Sie in jeder Stress-Situation etwas Neues über Ihr Stressverhalten und das anderer Personen.

  1. Seien Sie ehrlich zu sich: Fördern Sie vielleicht Ihren eigenen Stress?

Heute ist Stress-Haben fast ein Muss. Wer keinen Stress hat ist womöglich nicht „in“ oder nicht „wichtig“. Denken Sie über diese Einschätzung nach, denken Sie das vielleicht hier und da auch? Stellen Sie es ab! Sie schaden sich nur selbst damit!

  1. Schauen Sie anders hin und finden Sie das Positive!

Alles hat zwei Seiten. Manch persönliche Katastrophe stellt sich später als glückliche Fügung heraus. Denken Sie in belastenden Situationen daran, und schauen Sie nach der guten Seite dessen, was Sie erleben. Erhöhen Sie so den Eustress in Ihrem Leben.

  1. Nutzen Sie die Zeit danach!

Negative Stresswirkungen kommen häufig vor allem daher, dass heutzutage die Möglichkeiten für echte Entspannung nicht genutzt werden. Nach jeder Stress-Situation braucht der Körper Entspannung und Regeneration. Wenn Sie wissen, dass Sie eine belastende Situation haben werden, planen Sie für danach konsequent eine Zeit für Entspannung ein. Gehen Sie z. B. nach einem Streitgespräch an der frischen Luft spazieren. Gönnen Sie sich nach einem anstrengenden Arbeitstag eine Massage, ein beruhigendes Bad oder ein gesundes Essen in ruhiger Atmosphäre. Vermeiden Sie unbedingt weitere Anstrengungen oder Reizüberflutungen wie Shopping, kraftfordernde Sportarten, langes Film- oder Fernsehen. Auch hier kommt es auf die gute Selbstbeobachtung an: Was stärkt Sie und was schwächt Sie? Viele Menschen wissen das nicht. Probieren Sie es aus!

Natürlich sind dies keine Tipps, die bei schon drohendem Burn-out, in einer Mobbing-Situation am Arbeitsplatz oder bei ähnlichen Situationen helfen können, da ist fachkundige Hilfe gefragt, die wir im BMC individuell auf die persönliche Lage zugeschnitten anbieten. Doch jeder Mensch kann etwas gegen den Stress in seinem Alltag tun, damit es nicht zu solch dramatischen Auswirkungen kommen muss. Dafür sollen diese Tipps Denkanstöße liefern.